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1991 aus dem Pressearchiv

FAZ 29.1.1991 Seite 10

Der mühsame Übergang zum Rechtsstaat

Bericht eines Bezirksbevollmächtigten für Justiz in der DDR aus dem damaligen Westen/ Von Prof. Dr. jur. K.A.

…Misslich war das fehlende Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft, als sich zeigte, dass einzelne Staatsanwälte immer noch frühere SED-Funktionäre abschirmten, die sich aus dem angeblichen Volksvermögen bereichert hatten, sei es vor, sei es, besonders aktuell nach der Wende (persönlicher Erwerb von Grundstücken zu Minipreisen: Gründung von erwerbswirtschaftlichen GmbHs mit Geld aus öffentlichen Kassen).

Für manche Staatsanwälte brach eine Welt zusammen, als das Ermittlungsmonopol verloren war, aber sie mussten die angeforderten Akten den Untersuchungsausschüssen übergeben.

…Es wird für die Richterwahlausschüsse, die über das Verbleiben von Richtern im Amt befinden, überaus schwer sein, gerechte Entscheidungen zu treffen. (für Frankfurt an der Oder liegen etwas 120 Fälle an, 70 Richter, 50 Staatsanwälte)

…(die Fälle der NAZI -Verbrechen und der SED – Verbrechen werden sich schrecklich ähnlich)…Dieser Staat herrschte grausig. Die Einzelheiten kamen mehr und mehr ans Licht. Es hat, nach allen Indizien und Aussagen glaubwürdiger Zeugen verheimlichte

Hinrichtungen und Leichenverbrennungen in den Krematorien gegeben. Der Rechtsausschuss der früheren Volkskammer wurde von Witwen, Eltern und anderen Angehörigen Verschwundener bestürmt, wenigstens die Begräbnisstätten herauszufinden.

In einem Fall hat man es ermitteln können, aber den Angehörigen doch besser verschwiegen: die Asche war auf einem Sportplatz, auf der Aschenbahn, verstreut worden!....

FAZ 24. August 1991 Seite 13

Tücken einer Vorfahrtsregel

Der Respekt vor dem Privateigentum gehört zu den Grundlagen des Vertrauens in den Rechtsstaat / Zur Debatte über Rückgabe oder Entschädigung/ von Norbert Horn

Zu den Investitionshemmnissen in den fünf neuen Ländern werden die ungeklärten Eigentumsverhältnisse gerechnet. Die Debatte über Rückgabe des Eigentums oder Entschädigung der Eigentümer hat zur Kompromissformel der „Vorfahrt für Investoren“ geführt. Prof. Norbert Horn, Direktor des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht an der Universität Köln, beleuchtet die Rechtslage nicht nur unter dem Aspekt einer Beschleunigung von Investitionsvorhaben. Sein Plädoyer für die Restitution stützt sich auf die rechtssoziologische These: Für die marktwirtschaftliche Ordnung lässt sich nur werben, wenn der Respekt vor dem Privateigentum außerhalb jeden Zweifels bleibt. (Bar.)

Das Recht ist kein Ballast des Fortschritts

Etwas undeutlich blieb die Regelung der Beschlagnahme, bei der ein Vermögensstück nicht enteignet, sondern nur unter staatliche Verwaltung gestellt wurde. Auch hier besteht natürlich ein Rückgabeanspruch. Die Vorfahrt oder Supervorfahrt für Investitionen Dritter gilt aber hier nicht………………….

1991 Veranstaltung im Cliff Hotel am 12.4.1991 Finanzministerium Schwerin

Anwesend: Finanzministerin Kleedehn, Schwerin

Amt für offene Vermögensfragen: Herr Klemt, Schwerin

Amt für offene Vermögensfragen: Herr Jank, Schwerin

Landratsamt: Landrat Eckfeldt, Bergen

Frau Dr. Thom, Touristikdezernat, Bergen

Amt für offene Vermögensfragen: Dr. Strobel

Finanzministerium / Bundesvermögensamt/ Oberfinanzdirektion Rostock:

Frau Regierungsdirektorin Kramer

Herr Regierungsrat Karg

Pressereferent des Finanzministeriums Graf v. Schliefen

(Vater war Herrn Knauf persönlich bekannt)

Beginn 10 Uhr

Als politische Entscheidung gesehen werden soll die Aussage der Finanzministerin, das alle in der „Aktion Rose“ enteigneten Liegenschaften den rechtmäßigen Eigentümern zurück gegeben werden sollen. Verstärkt soll in Gebieten entschieden werden, wo hohe Arbeitslosigkeit herrscht. Fast die ganze Insel hat vom FEDI gelebt.

Vorrangig soll eine Analyse der Eigentumsansprüche der in der Aktion Rose auf menschenunwürdige Art Enteigneten erstellt werden. Die Verfahren sollen aufgerollt werden. Die Eigentümer sollen wieder eingesetzt werden. Die Landesregierung will das Unrecht wieder gut machen. Es soll kein 2. Unrecht angerichtet werden.

20 Hotels und 10 Pensionen ab je 30 Betten und 10 Gaststätten sollen durch die vorläufige Einweisung unkompliziert und vereinfacht in den alten Besitz zurück gegeben werden.

Es sollen ca. insgesamt 1000 Betten auf Rügen sein.

Die unsoziale Verabschiedung der Mitarbeiter des FDGB wurde angesprochen, die nun arbeitslos und weitgehend mittellos auf der Straße stehen. Daher möchte die Regierung auf diese Art den langen Kassationsverfahren entgegenwirken. Das Unrecht soll wieder gut gemacht werden – soweit das noch möglich ist.

Der Landkreis Rügen geht voran im ganzen Land. Aufgrund von Verhandlungen mit der Treuhandanstalt und dem Finanzministerium Anfang März 91 seien Objekte zur Entscheidung dem Finanzministerium übertragen worden, die diese nun an die rechtmäßigen Eigentümer zurück geben wollen.

Die Besitzübertragung kann für die angesprochenen und eingeladenen Familie noch heute, am   12. April 1991 erfolgen und soll noch saisonwirksam sein.

Das Verfahren soll von der Oberfinanzdirektion/ Finanzministerium Schwerin schnell bearbeitet werden.

Vorgestellt wurde Herr K., Hamburg – Ingenieurbüro/Makler/Gutachter/Gesundheitswesen.

Es sind keine Statistiken vorhanden, keine Zimmerbelegungszahlen, keine Personalkosten, Zimmerpreise – betriebsbezogene Abgaben. Grund und Boden. Es sei daher unheimlich schwierig, eine Konzeption für die Zukunft zu fertigen, insbesondere Gutachten zu erstellen. Auch seien keine Vergleichszahlen bei der Bewertung von Grund- und Boden vorhanden.

Herr Dr. Jank, Amt für offene Vermögensfragen:

Die vorläufige Einweisung sei die moralische Wiedergutmachung. Im Rahmen des Vermögensgesetzes fühlt sich niemand für die in der Aktion Rose geschädigten Eigentümer zuständig.

Ein langwieriges Abwarten auf Kassation geht nicht. Durch Verkauf der Objekte könne keine Wiedergutmachung erfolgen. Nur durch die Wiederinbesitznahme durch die rechtmäßigen Eigentümer. Aufgrund einer Gesetzesänderung der Bundesregierung könnte die Treuhand jetzt

-trotz des Rückforderungsantrages des rechtmäßigen Eigentümers frei über das Objekt verfügen. Deshalb sei es erforderlich, durch vorläufige Besitzeinweisung sofort an den rechtmäßigen Eigentümer zurück zu geben.-

Unsere Häuser seien teilweise schon öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben worden.

Investitionen durch Privatisierung unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Unrechtes der Aktion Rose.

Es seien keine ausgefeilten Verträge, nur ein Minimum an vertraglichen Vorschriften, damit keine endgültige Eigentums-Rückübertragung, da die Kassation durch die Gerichte erst abgewartet werden muss. Er hofft, das dies innerhalb von 2-3 Jahren erfolgt sein wird, bei der Aktion Rose will man eine Sonderregelung durchsetzen.

Schwierige Probleme werden sich entwickeln in Bezug auf

Werterhöhung ./. Wertminderung. Man hofft auf unkonventionelle Regelung

Zurückgegeben werden sollen in Göhren:

Rheinschlösschen = Eigentümer Barbara H. geb. Klingels, sie ist unsere Galionsfigur

Hotelier mit dem Fernziel der Rückkehr in die Heimat

Strandeck = Eigentümer die 3 Geschwister Lardschneider

Falls die rechtmäßigen Eigentümer nicht in der Lage sein sollten, den Geschäftsbetrieb wieder aufzunehmen, hat sich das Bundesvermögensamt schon Pächter ausgesucht, denen die Objekte überlassen werden sollen. Die ehemalige Volkspolizei untersteht dem Innenministerium.

Ministerin Kleedehn:

Wenn heute keine Unterschrift zustande kommt oder einige andere Häuser nicht angesprochen sind, sollte der Eigentümer nicht verzagen. Das Eigentum soll in jedem Fall zurückgegeben werden, um das erschütterte Vertrauen in die neue Regierung schnell abzubauen.

Ehemalige Eigentümer fühlen sich Rügen verbunden und sind damit Landsleute! Das Land Mecklenburg-Vorpommern will nicht in kommende Dinge eingreifen.

Landrat Eckfeldt

Möchte der Geschichte vorweg eilen um den Prozess der Konsolidierung zu beschleunigen. Auf Rügen sind 13% Arbeitslose –ohne Kurzarbeiter-. Die FEDI Problematik braucht langsam eine Lösung. Die Eigentümer sollen ihren Besitz wirksam machen. Durch Heimsuchung von Investoren könne Rügen zu einem blühenden Wirtschaftsgebiet werden.

800.000.000,-- DM warten für 1991 auf Einsatz. Diese Investitionsmöglichkeiten mit Investoren sind dem Landrat bekannt. Rügen hat derzeit 90.000 Einwohner.

Wirtschaftsministerium, Herr Schlamp

Es gibt öffentliche Zuschüsse und Finanzierungshilfen, 50% vom Bund, 50% vom Land. Förderung Regionaler Wirtschafts- Struktur / Fremdenverkehr 7,5% p.a. Zinsen, Kreditprogramme ERP – Eigenkapitalhilfe. Beratung ist möglich, wie Finanzierungshilfen zu beantragen sind, wurden angeboten.

Herr Dr. Jank, Amt für offene Vermögensfragen / Finanzministerium

Investoren- Adressenlisten liegen bei Herrn Dr. Strobel von Interessenten, die unsere Objekte kaufen bzw. pachten wollten.

Mittelbar von der Aktion Rose betroffene Familien, denen das Eigentum nicht durch Verurteilung entzogen wurde, können sofort zurückgegeben werden über § 1 des Vermögensgesetzes. In Göhren u. a. Haus Käthe, Haus Götz, Friedrich Engels Heim, Villa Freia, Hotel Seestern. – Anschließend kann sofort Antrag auf Eintragung im Grundbuch gestellt werden.

Privathäuser wie Haus Fernsicht von Familie Knauf

Sind zur Rückgabe frühestens im Herbst 1991 vorgesehen. Im Vermögensamt Rügen wird ab Mai ein Rechtsanwalt sitzen – als Unterstützung von Herrn Dr. Strobel.

Persönliches Gespräch mit Frau Kramer, Regierungsdirektorin der OfD Rostock:

Für unser Deutsches Haus in Göhren sei eine gemeinnützige Stiftung vorhanden, die von uns pachten oder kaufen möchte. Ich sagte ihr, dass wir selbst unser Haus sofort wieder übernehmen und aufbauen wollen. Frau Kramer vermerkte dies in ihren Unterlagen.

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1991 aus dem Pressearchiv

Westfalen-Blatt 15. Januar 1991

Noch immer werden Grundstücke an frühere SED-Bonzen verhökert

Von R.D. Rückgabe von Eigentum in ehemaliger DDR- ein abenteuerlicher Papierkrieg

Der Rückstau wächst jeden Tag. Kurz nach der Jahreswende 1990/91 stapeln sich bereits mehr als eine Million Anträge westdeutscher Bürger auf Rückgabe von Grundstücken, Häusern, Unternehmen und sonstigem Vermögen. Die Rechtsunsicherheit aber verursacht eine nahezu totale Funkstille. Unbearbeitete Fälle schmoren: Unmut bei vielen Betroffenen..

FAZ 29.1.1991 Seite 10

Der mühsame Übergang zum Rechtsstaat

Bericht eines Bezirksbevollmächtigten für Justiz in der DDR aus dem damaligen Westen/ Von Prof. Dr. jur. K.A.

…Misslich war das fehlende Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft, als sich zeigte, dass einzelne Staatsanwälte immer noch frühere SED-Funktionäre abschirmten, die sich aus dem angeblichen Volksvermögen bereichert hatten, sei es vor, sei es, besonders aktuell nach der Wende (persönlicher Erwerb von Grundstücken zu Minipreisen: Gründung von erwerbswirtschaftlichen GmbHs mit Geld aus öffentlichen Kassen).

Für manche Staatsanwälte brach eine Welt zusammen, als das Ermittlungsmonopol verloren war, aber sie mussten die angeforderten Akten den Untersuchungsausschüssen übergeben.

…Es wird für die Richterwahlausschüsse, die über das Verbleiben von Richtern im Amt befinden, überaus schwer sein, gerechte Entscheidungen zu treffen. (für Frankfurt an der Oder liegen etwas 120 Fälle an, 70 Richter, 50 Staatsanwälte)

…(die Fälle der NAZI -Verbrechen und der SED – Verbrechen werden sich schrecklich ähnlich)…Dieser Staat herrschte grausig. Die Einzelheiten kamen mehr und mehr ans Licht. Es hat, nach allen Indizien und Aussagen glaubwürdiger Zeugen verheimlichte

Hinrichtungen und Leichenverbrennungen in den Krematorien gegeben. Der Rechtsausschuss der früheren Volkskammer wurde von Witwen, Eltern und anderen Angehörigen Verschwundener bestürmt, wenigstens die Begräbnisstätten herauszufinden.

In einem Fall hat man es ermitteln können, aber den Angehörigen doch besser verschwiegen: die Asche war auf einem Sportplatz, auf der Aschenbahn, verstreut worden!....

FAZ 24. August 1991 Seite 13

Tücken einer Vorfahrtsregel

Der Respekt vor dem Privateigentum gehört zu den Grundlagen des Vertrauens in den Rechtsstaat / Zur Debatte über Rückgabe oder Entschädigung/ von Norbert Horn

Zu den Investitionshemmnissen in den fünf neuen Ländern werden die ungeklärten Eigentumsverhältnisse gerechnet. Die Debatte über Rückgabe des Eigentums oder Entschädigung der Eigentümer hat zur Kompromissformel der „Vorfahrt für Investoren“ geführt. Prof. Norbert Horn, Direktor des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht an der Universität Köln, beleuchtet die Rechtslage nicht nur unter dem Aspekt einer Beschleunigung von Investitionsvorhaben. Sein Plädoyer für die Restitution stützt sich auf die rechtssoziologische These: Für die marktwirtschaftliche Ordnung lässt sich nur werben, wenn der Respekt vor dem Privateigentum außerhalb jeden Zweifels bleibt. (Bar.)

Das Recht ist kein Ballast des Fortschritts

Etwas undeutlich blieb die Regelung der Beschlagnahme, bei der ein Vermögensstück nicht enteignet, sondern nur unter staatliche Verwaltung gestellt wurde. Auch hier besteht natürlich ein Rückgabeanspruch. Die Vorfahrt oder Supervorfahrt für Investitionen Dritter gilt aber hier nicht………………….

Welt am Sonntag – 3. November 1991 Seite 96

Immobilien-Rückgabe in nur wenigen Monaten

Berliner Justititiar: Hole Häuser und Grundstücke aus der „Warteschleife“, die 20 Jahre dauern kann.

Von A.L. Berlin.

Für die Rückgabe von enteigneten Grundstücke und Häuser in den neuen Bundesländern gibt es jetzt ein Schnell-Verfahren: Während die Immobilien-Rückgabe auf dem Behördenweg aufgrund des komplizierten Verfahrens und der massenhaften Anträge –allein in Ostberlin liegen 144.000 Rückübereignungsanträge vor- bis zu 20 Jahre dauert, aknn der Restitutionsanspruch mit Hilfe des Berliner Justitiars P.L. jetzt innerhalb weniger Monate geltend gemacht werden…..

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